ERP-Systeme: Was kosten sie wirklich?
25. März 2024
Lesezeit: 7 Min
Die Einführung einer ERP-Software ist eine Maßnahme mit großen Auswirkungen auf das gesamte Unternehmen. Daher sollte das neue System mit Bedacht ausgewählt werden. Dabei spielen nicht nur Prozesse und Funktionen eine Rolle, sondern auch die finanziellen Aufwände. Denn Kosten und Nutzen einer ERP-Lösung sollten natürlich in einem sinnvollen Verhältnis zueinander stehen. Um die Kostenseite jedoch genau beurteilen zu können, ist eine Detailbetrachtung notwendig. Dieser Artikel zeigt, welche Faktoren dabei berücksichtigt werden sollten.
Bedeutung von ERP-Systemen für Unternehmen
ERP-Software ist für Unternehmen aller Größen und Branchen mittlerweile ein unverzichtbares Werkzeug. Nur mit ERP ist es möglich, Geschäftsprozesse zu verbessern, die Zusammenarbeit der Unternehmensbereiche zu optimieren und Informationstransparenz zu schaffen. Darüber hinaus ist das ERP-System Dreh- und Angelpunkt der digitalen Transformation. Viele Unternehmen sind sich dessen bewusst und beschäftigen sich daher mit der Einführung oder dem Wechsel einer ERP-Software. Um hierbei eine solide Entscheidung zu treffen, ist es wichtig, die voraussichtlichen Kosten der ERP-Lösung bereits im Vorfeld möglichst genau zu bewerten.
Total Costs of Ownership
Idealerweise ermitteln Unternehmen hierzu die sogenannten Total Cost of Ownership, kurz TCO. Durch dieses Verfahren werden auch Aufwände, die auf den ersten Blick nicht sichtbar sind, transparent. Grob zu unterscheiden sind hierbei die direkten und indirekten Kosten von ERP-Software. Diese beiden Blöcke werden wir im Folgenden weiter herunterbrechen.
Die direkten Kosten eines ERP-Systems
Direkte Kosten sind Aufwände, die einem ERP-System unmittelbar zugeordnet werden können. Sie sind in der Regel offensichtlich und lassen sich in drei Kategorien einteilen:
- Anschaffungskosten (Anfangsinvestitionen
- Implementierungskosten (Einführungsaufwände)
- laufende Kosten (Betriebskosten)
Betrachten wir diese Posten nun etwas genauer.
Anschaffungskosten
Zunächst entstehen für ein neues ERP selbstverständlich Anschaffungskosten. Wie hoch diese ausfallen, hängt maßgeblich vom ERP-Betriebsmodell ab. So müssen bei einer klassischen On-Premise-Lösung Lizenzen gekauft werden, deren Kosten meist von der Anzahl der Benutzer und/oder vom Funktionsumfang abhängen. Hinzu kommt in der Regel die Notwendigkeit, Hardware in Form von Servern für den ERP-Betrieb anzuschaffen. Möglicherweise kommen Aufwände für Peripherie wie Räume (Rechenzentrum) und Netzwerkinfrastruktur hinzu.
Völlig anders sieht es bei einem Cloud ERP aus. Hier sind in der Regel keine Investitionen in Lizenzen notwendig, da Cloud-Lösungen nicht gekauft, sondern gemietet werden. Ebenso findet der Betrieb extern (beim ERP-Anbieter) statt, sodass keine Investitionen in eigene Hardware erforderlich sind. Die Hauptkosten von Cloud ERP entfallen auf den laufenden Betrieb.
Implementierungskosten
Natürlich muss ein ERP-System nicht nur ausgewählt und angeschafft, sondern auch professionell implementiert werden. Dies ist die Kernaufgabe im ERP-Projekt und entscheidet maßgeblich über den Erfolg der ERP-Einführung. Auch hier entstehen bestimmte, teils versteckte Kosten, die bei der TCO-Betrachtung berücksichtigt werden sollten. Zu nennen sind vor allem:
- externe Berater: Unterstützung bei der Auswahl, beim ERP-Projekt-Management und bei der Implementierung
- eigene Mitarbeiter: Zeitaufwände des internen Personals für das ERP-Projekt (z. B. Projektleiter, Key-User, IT-Team)
- Anpassung: Setup, Einrichtung von Schnittstellen, Abbilden der Geschäftsprozesse, Customizing (Aufwand hängt stark von der - Passgenauigkeit der Software ab)
- Changemanagement und Schulungen: Informationsveranstaltungen und Trainings, Fehlzeiten der Mitarbeiter durch Schulungen, ggf. vorübergehender Produktivitätsverlust
Laufende Kosten
Ist die ERP-Einführung abgeschlossen, beginnt der laufende Betrieb des Systems. Auch in dieser Phase entstehen selbstverständlich Kosten - und zwar auf lange Sicht. Verursacht werden sie vor allem durch Wartung, Updates, Release-Wechsel und Support. Wie bereits bei den Anschaffungskosten, gibt es auch hier deutliche Unterschiede zwischen einem On-Premise- und einem Cloud-ERP.
Bei On-Premise-Systemen schließen Unternehmen häufig einen Wartungsvertrag mit ihrem ERP-Anbieter ab. Dessen Kosten richten sich unter anderem nach dem Lizenzumfang, der Nutzeranzahl und dem gewünschten Service Level. Wichtig zu wissen: Wartungsverträge beinhalten im Normalfall nicht die Gebühren für Updates. Weiterhin entstehen für ein On-Premise-ERP Kosten für den Betrieb der eigenen Server - vor allen Dingen Personal- und Energiekosten.
Anders sieht es bei einem Cloud ERP aus. Hier zahlen Unternehmen regelmäßig (meist monatlich) eine festgelegte Gebühr. Diese beinhaltet bereits die Kosten für Wartung, Support und Updates. All diese Leistungen werden durch den Cloud-ERP-Anbieter erbracht, sodass keine internen Zusatzkosten anfallen.
Die indirekten Kosten eines ERP-Systems
Zusätzlich zu den zuvor genannten Kostenpunkten gesellen sich im ERP-Umfeld eine Reihe indirekter Kosten. Diese werden bei der Gesamtbetrachtung häufig übersehen, können die TCO aber erheblich beeinflussen. Insofern sollten sie von Unternehmen stets mit berücksichtigt werden.
- (unterschätzte) Zeitaufwände für die Implementierung
- Individualisierung und Erweiterung des Systems
- kostenrelevante Risiken der Software-Einführung
Im Detail stellen sich diese Posten wie folgt dar:
Zeitfaktor
Ob System für Großunternehmen oder ERP-Software für den Mittelstand: Ein ERP-Projekt ist komplex und die Implementierung der Software dauert häufig deutlich länger als zunächst angenommen. Je länger der ERP-Einführungsprozess dauert, desto höher können wiederum die Kosten ausfallen. Ursächlich können dabei folgende Faktoren sein:
- höhere Personalaufwände im Unternehmen
- höhere Beratungsgebühren
- Parallelbetrieb von alter und neuer Software: doppelte Betriebskosten während der Einführung
- möglicherweise Veränderungsmüdigkeit bei den Mitarbeitern, dadurch Produktivitätsrückgang
- Minimieren lässt sich diese Problematik durch eine realistische Planung und sorgfältige Steuerung des ERP-Projekts
Anpassungen und Erweiterungen
Dieser Punkt wird maßgeblich von der Qualität der Vorbereitung und Software-Auswahl bestimmt. Denn definieren Unternehmen ihre Geschäftsprozesse und Anforderungen im Vorfeld nicht genau, fällt die Wahl möglicherweise auf eine ERP-Lösung, die nicht optimal zur Branche und Organisation passt. In solch einem Fall muss das ERP-System mit hohem Bedarf an externer Unterstützung durch Berater und Entwickler an individuelle Gegebenheiten angepasst werden. Dies geschieht entweder durch zusätzliche Programmierung, Modifikation oder die Hinzunahme von Erweiterungen (Add-ons). Letztere können obendrein zusätzliche Lizenz- oder Abogebühren verursachen.
Unternehmen können diesen Kostenblock minimieren, indem sie von Beginn an auf ein ERP-System setzen, das bereits im Standard weitgehend ihren Anforderungen entspricht. Häufig ist dies vor allem bei Branchenlösungen der Fall.
Risiken bei der Implementierung
Eine ERP-Einführung ist für Unternehmen stets mit gewissen Risiken verbunden. Insbesondere Fehler bei der Auswahl sowie ein unzureichendes Projekt- und Changemanagement können das Risikopotenzial vergrößern. Vor allem sind es folgende Punkte, die zu (ungeplanten) Zusatzkosten führen können:
- fehlende Akzeptanz: Stehen die Mitarbeiter der bevorstehenden Veränderung skeptisch gegenüber, kann das Widerstände zur Folge haben. Diese führen zu Zeitverzögerungen sowie zusätzlichem Bedarf an Schulungen. Beide Faktoren verursachen Kosten.
- fehlende Anpassung an individuelle Geschäftsprozesse: Passt die neue ERP-Software nicht optimal zu den prozessualen Anforderungen eines Unternehmens, kann dies zu teuren Ineffizienzen in den Abläufen führen. Um diese zu beheben, sind möglicherweise kostspielige nachträgliche Anpassungen der ERP-Lösung notwendig.
- Migrationsprobleme: Probleme bei der Übertragung von Daten aus alten Systemen können zu Verzögerungen führen. Eventuell sind zusätzliche Ressourcen notwendig, um die Datenintegrität sicherzustellen.
- technische Probleme: Insbesondere das Zusammenspiel des neuen ERP-Systems mit der bestehenden Systemumgebung kann Probleme verursachen. Hierdurch entstehen in der Praxis immer wieder Verzögerungen und zusätzliche Kosten.
- fehlende Skalierbarkeit: Wächst ein Unternehmen und das ausgewählte ERP-System ist nicht ausreichend skalierbar oder flexibel, sind möglicherweise hohe Investitionen notwendig, um die erforderliche Veränderung dennoch zu realisieren.
- Kostenerhöhungen durch Anbieter: Unternehmen binden sich im Normalfall langfristig an eine ERP-Software, da ein Wechsel nicht ohne Weiteres möglich ist. Erhöht der ERP-Partner seine Gebühren, muss dies aufgrund einer gewissen Abhängigkeit in der Regel hingenommen werden.
Fazit
Die Implementierung einer modernen, leistungsfähigen ERP-Software stärkt die Wettbewerbsfähigkeit von Unternehmen nachhaltig. Allerdings müssen die Gesamtkosten stets in einem ausgewogenen Verhältnis zum Mehrwert des Systems stehen. Um dies beurteilen zu können, sollten Unternehmen alle möglichen Kostenfaktoren bereits im Vorfeld der Einführung kennen und bewerten. Dieser Artikel hat alle hierbei relevanten Details beleuchtet und hilft dabei, bestimmte Punkte nicht zu übersehen. So ist es möglich, die Total Cost of Ownership potenzieller ERP-Systeme seriös zu berechnen und zu vergleichen. Dies wiederum ist ein zentraler Erfolgsfaktor für jede ERP-Initiative.